Die 24 Stunden von Le Mans 2025
Durchmarsch

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Nach 2023 und 2024 siegte Ferrari erneut, diesmal mit dem privat eingesetzten gelben Ferrari #83. Es war der erste Sieg eines Kundenteams in Le Mans seit 20 Jahren, zuletzt gelang dies im Jahr 2005 dem amerikanischen ADT Champion Racing Team mit einem Audi R8 LMP1. Zugleich wurde damit der Durchmarsch der Italiener in der diesjährigen WEC Saison fortgesetzt, denn Ferrari hatte bereits die ersten 3 Rennen in Doha, Imola und Spa-Franchorchamps souverän gewonnen. Die beiden roten Werks-Ferrari #50 und #51 komplettierten den Erfolg, im Ziel lagen sie auf den Plätzen 3 und 4. Der siegreiche Ferrari wurde von Robert Kubica, Yifei Ye und dem Briten Phil Hanson pilotiert, zum ersten Mal in der Geschichte des Rennens standen ein polnischer und ein chinesischer Fahrer ganz oben auf dem Podium der Gesamtsieger.
Aber zurück zum Anfang: Nach den beiden Trainingstagen hatte sich zunächst ein ganz anderes Bild ergeben. Das britische Jota Team, welches im Jahr zuvor noch Porsche Kundenteam gewesen war, wurde zum Anfang der Saison von Cadillac als Werksteam engagiert und lieferte in der Hyperpole Session eine beeindruckende Vorstellung ab. Die werbewirksame 1. Startreihe ging an die beiden Werks-Cadillac gefolgt von Porsche #5 und BMW #15. Der beste Ferrari war erst auf dem 7. Platz zu finden.
Den Start und die ersten beiden Stunden dominierte Porsche. Der Startfahrer des Porsche #5, Julian Andlauer, gönnte den beiden Cadillacs nicht einmal eine einzige Führungsrunde und hatte nach 2 Runden bereits einen Vorsprung von ca. 5 Sekunden herausgefahren, dabei blieb es zunächst auch. Aber dies alles stellte sich recht schnell als Strohfeuer heraus, denn ab der 3. Rennstunde ließ Ferrari die Hosen runter und dominierte viel deutlicher, als es der finale Abstand beim Zieleinlauf zum zweitplatzierten Porsche #6 (14 Sekunden) vermuten lässt. Die Italiener hielten sich mit allen 3 Fahrzeugen durchgehend an der Spitze auf, ein glatter Dreifachsieg wie bereits bei der Generalprobe in Spa-Franchorchamps wäre ohne einige Fehler und Probleme (Stop-and-Go-Strafen, Dreher in der Boxengasseneinfahrt, Motorprobleme bei der #50) locker drin gewesen. Die Cadillacs spielten im weiteren Verlauf übrigens keine große Rolle mehr. Die #12 kam noch als letztes Fahrzeug in der Führungsrunde auf dem 5. Platz ins Ziel, die #38 landete auf dem 8. Platz und die beiden aus der IMSA-Serie angereisten Cadillac-Teams fielen aus.
Porsche: Mit den Plätzen 2, 7, 9 und 13 (Kundenauto des Proton-Teams) war man zwar etwas erfolgreicher als im Vorjahr, aber auch in diesem Jahr hatten sich die Stuttgarter wohl mehr erhofft. Das man überhaupt auf dem Podium stand, hatte man wohl in erster Linie der fahrerischen Leistung des Franzosen Kévin Estre zu verdanken. Obwohl der Porsche #6 nach einer Aberkennung der Trainingszeiten von ganz hinten im Hypercarfeld starten musste, hatte Estre als Startfahrer den Wagen bereits nach ca. 2 Stunden wieder in der Spitzengruppe etabliert und zeigte auch bei Rennende eine unglaubliche Leistung. An den führenden Ferrari kam er zwar nicht mehr heran, er schaffte es aber die beiden Werks-Ferrari auf Distanz zu halten. Auf den publicity-trächtigen 20. Porsche-Sieg an der Sarthe muss weiterhin gewartet werden.
Toyota: Nachdem man in den letzten beiden Jahren noch um den Gesamtsieg kämpfen konnte, waren die Japaner in diesem Jahr deutlich langsamer unterwegs, weder im Training noch im Rennen konnten Höhepunkte gesetzt werden. In der Hyperpole Session schaffte die #8 nach einem Verbremser gerade mal den 10. Platz. Im Rennen kam dann auch noch Pech mit der Technik dazu. Der Toyota #8 verlor nach einem Boxenstopp durch einen Materialfehler ein Rad, die Schleichfahrt zurück zur Box und der fällige Austausch der Radaufhängung kosteten ca. 7 Runden. Der Toyota #7 hatte kurz nach dem Start einen Schaden an der Karosserie und handelte sich später noch eine saftige 50-Sekunden Stop-and-Go-Strafe wegen zu hoher Geschwindigkeit in der Boxengasse ein. Mit dem 6. Platz im Ziel für die #7 sprangen aber immerhin noch ein paar WM-Punkte für die Japaner heraus, nach der Disqualifikation von Ferrari #50 wurde daraus am Montag sogar noch der 5. Platz.
BMW: Wie bereits im Vorjahr gab es eine völlige Pleite. Zwei Stunden vor Schluss versagte die Kühlung des Hybrid an der #15 und etwas später hatte die #20 ein Motorproblem, am Ende belegte man die Plätze 17 und 31 im Gesamtklassement.
Zu den beiden französischen Mannschaften: Peugeot war erneut chancenlos. Bereits im Vorfeld wurde darüber spekuliert, ob die Mannschaft aus Vélizy bei Paris für 2026 ein neues LMH-Hypercar bauen und homologieren wird. Der jetzige Wagen wurde sehr früh auf Basis der ersten Entwürfe des Hypercar-Reglements entwickelt. Die finale Version der Hypercar-Regeln sah dann aber deutlich anders aus und mit dem daraufhin umgebauten Fahrzeug fährt man derzeit trotz BoP der Konkurrenz nur hinterher. Die beiden Alpine des Renault Konzerns erreichten nach dem Komplettausfall im letzten Jahr diesmal das Ziel, bedingt durch die Disqualifikation des Ferrari #50 sogar knapp innerhalb der Top Ten. Insgesamt fuhr diese Mannschaft bis auf einige Ausritte in die Kiesbetten aber ein sehr diskretes Rennen, mit dem Geschehen an der Spitze hatten sie zu keiner Zeit etwas zu tun.
Eine schöne Ergänzung des Hypercarfeldes waren die beiden neuen Wagen von Aston Martin, die „Aston Martin Valkyrie AMR-LMH“. Zum ersten Mal seit 2011 traten die Briten wieder in der Top-Kategorie an. Im klassischen „british racing green“ lackiert und mit dem tollen Sound der 6.5 Liter V12 Cosworth-Saugmotoren begeisterten sie vor allem die zahlreichen britischen Fans. Ob das Konzept mit dem Verzicht auf einen Hybrid-Antrieb allerdings irgendwann Erfolg haben wird, ist fraglich. Immerhin brachte man als Neuling beide Wagen auf den Plätzen 12 und 14 ins Ziel, viel mehr konnte man wohl auch nicht erwarten. Die im Vorjahr noch aktiven Hypercar-Teams von Lamborghini und Isotta Fraschini traten übrigens beide aus finanziellen Gründen nicht mehr an.
Am Montag nach dem Rennen gab es wieder einmal eine Nachspielzeit: Der viertplatzierte Ferrari #50 wurde disqualifiziert, bei einer Nachkontrolle waren die Werte beim Belastungstest des Heckflügels nicht regelkonform. Alle dahinter liegenden Fahrzeuge rückten dann jeweils um eine Position im Gesamtklassement auf.
Ein paar Worte zum leidigen Thema Balance of Performance (BoP): In einer BoP-regulierten Rennserie sollte eine Dominanz, wie sie Ferrari in dieser Saison mit 4 Siegen in 4 Rennen zeigte, eigentlich nicht möglich sein. An der Hypercar-BoP wird jetzt schon im mittlerweile 5. Jahr herumgebastelt, aber in diesem Jahr war das Ergebnis noch schlechter als in den letzten beiden Jahren. Bereits nach der 3. Rennstunde war klar, dass 6 der 8 Hypercar-Hersteller im Grunde keine realistische Chance auf den Sieg hatten. Hätte sich nicht der Porsche #6 mit einer fehler- und pannenfreien Fahrt noch auf den 2. Platz vorgekämpft, wäre das Podium wie bereits in Spa-Franchorchamps eine rein italienische Angelegenheit gewesen.
Bei der FIA und dem ACO sollten die Alarmsirenen angehen. In den nächsten beiden Jahren wollen noch 3 weitere Hersteller mit LMDh-Prototypen (Hyundai, Ford und McLaren) antreten, deren Vorstände alle davon ausgehen, dass ihre Autos theoretisch durch die BoP siegfähig sein werden oder zumindest um Podiumsplätze mitfahren können. Dies ist aber derzeit ganz klar nicht der Fall. Wenn sich das nicht ändert wird es wohl nicht mehr lange dauern, bis die ersten Automobilwerke den Stecker ziehen und sich aus der WEC verabschieden.
Das Rennen der LMP2-Klasse bestand im Wesentlichen aus einem Duell zwischen der #48 des französischen Teams VDS Panis Racing und der #43 des polnischen Inter Europol Teams. Das Renngeschehen war insgesamt weniger spannend als in den letzten Jahren und die Abstände zwischen den Fahrzeugen waren deutlich größer als früher. In der letzten Stunde setzte sich dann der Wagen von Inter Europol durch, die polnischen Fans an der Rennstrecke hatten also nach Robert Kubicas Sieg bei den Hypercars doppelten Grund zum Jubeln!
In der LMGT3-Klasse gab es wie bereits im Vorjahr 3 verschiedene Hersteller auf dem Podium. Das Team Manthey wiederholte mit einem Porsche den Vorjahreserfolg, der 2. Platz ging an einen Vista AF Corse Ferrari und auf dem 3. Platz landete eine TF Sport Corvette. Schon bei den ersten 3 Rennen der WEC hatten 3 verschiedene Marken in der LMGT3 gewonnen und insgesamt 6 der 9 Hersteller schafften es in dieser Saison bereits auf das Podium. In dieser Klasse funktioniert die BoP deutlich besser als bei den Hypercars.
Lamborghini war nicht mehr dabei, stattdessen kam Mercedes als Hersteller hinzu, die 3 Mercedes-AMG des Iron Lynx Team waren in der traditionellen Silberpfeil-Farbe lackiert. Bei den LMGT3 gab es übrigens die meisten der insgesamt 12 Ausfälle an diesem Wochenende, 8 der 24 Starter sahen die Zielflagge nicht bzw. wurden nicht gewertet. Darunter waren auch die beiden BMW M4, für die Bayern war dies zusammen mit der Pleite bei den Hypercars ein rabenschwarzes Wochenende.
Das Wetter spielte in diesem Jahr sehr gut mit. Während des Rennens gab es keinerlei Regen und auch die Temperaturen hielten sich in erträglichen Grenzen. Die Safetycars mussten nur ein einziges Mal in der Nacht ausrücken und so wurden 387 Runden zurückgelegt, dies bedeutete eine Rekorddistanz seit Einführung der Hypercar-Klasse. Zum absoluten Rekord aus dem Jahr 2010 fehlten aber noch 10 Runden, also über eine halbe Stunde Fahrzeit. Die Wagen des früheren LMP1-Reglements mit Spitzenleistungen knapp nördlich von 1.000 PS waren halt deutlich schneller…
Für die Zuschauer gab es übrigens eine im wahrsten Sinne des Wortes „sichtbare“ Verbesserung: Seit Saisonbeginn sind alle Hypercars und LMGT3-Autos auf beiden Seiten mit Displays ausgestattet, welche die aktuelle Position des Fahrzeugs innerhalb der Klasse in Echtzeit anzeigen, zusätzlich wird bei Boxenstopps die Dauer des Stopps angezeigt. Dies wurde auch wirklich Zeit, in anderen Rennserien gibt es solche Systeme schon seit über 10 Jahren.
Die Veranstaltung war zum 3. Mal in Folge schon Monate vorher ausverkauft, verkündet wurden 332.000 Zuschauer. Entsprechend groß war wieder das Gedränge auf den Zuschauerplätzen und auch auf den Campingplätzen, die noch deutlich früher als die Renntickets ausverkauft waren. Hier sollte der Veranstalter dringend weitere Kapazitäten schaffen. Bitte, bitte, ACO, öffnet den großen Zeltplatz "Bleu Nord" wieder!
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