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Die 24 Stunden von Le Mans 2023
Der 100. Geburtstag
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Im Jahr 1923 fanden die ersten 24. Std. von Le Mans statt, dieses Jahr markierte also den 100. Geburtstag (und die 91. Ausgabe) des Rennens.
325.000 Zuschauer, 62 Fahrzeuge am Start, 35 Führungswechsel im Gesamtklassement, 3 verschiedene Hersteller auf dem Podium und ein Überraschungssieger, das Rennen hat bezüglich der Spannung und auch der Show drumherum fast alle Erwartungen erfüllt! Jeder der 5 großen Hersteller führte das Rennen zu irgendeinem Zeitpunkt an und das Ferrari bei der ersten Werksteilnahme in der Topkategorie seit 50 Jahren den Gesamtsieg holen würde, war nicht unbedingt absehbar.
Die Rennwoche begann allerdings mit erheblicher Verstimmung beim Platzhirsch Toyota. Entgegen aller vorherigen Absprachen änderte der ACO vor der Rennwoche die BoP (Balance of Performance) in der Hypercar-Klasse: Toyota erhielt 37 kg Zusatzgewicht, Ferrari 24 kg, also ein 13 kg schwerer Nachteil für die Japaner, die alle bisherigen WEC-Läufe in dieser Saison gewonnen hatten. Im Nachhinein betrachtet könnte dies bei den knappen Abständen durchaus rennentscheidend gewesen sein.
Gesamtsieger wurde der Ferrari #51, gefahren von Alessandro Pier Guidi, James Calado und Ex-F1-Fahrer Antonio Giovinazzi. Aber wenn Ryo Hirakawa den Toyota #8 bei seiner Aufholjagd im vorletzten Stint nicht in Arnage in die Leitplanken gesetzt hätte (der Rückstand zum Ferrari betrug zu diesem Zeitpunkt etwa 12 Sekunden), dann wäre der Sieg wohl vielleicht doch noch an Toyota gegangen, denn der führende Ferrari sprang nach dem letzten Boxenstopp nicht sofort an und verließ erst mit ca. 25 Sek. Verspätung die Boxengasse. Spannung war also bis zum Schluss vorhanden. Die Italiener und die Japaner setzten übrigens je 2 Wagen ein. Der Toyota #7 war in der Nacht nach einer unverschuldeten Kollision ausgefallen, der Ferrari #50 erreichte nach einer längeren Reparatur den 5. Platz.
Cadillac: Der Platz auf dem Podium war ein beachtlicher Erfolg für die amerikanische Marke. Man war aber auch mit deutlich mehr Engagement (3 Fahrzeuge) und besserem Material an der Sarthe erschienen als beim letzten Versuch Anfang der 2000er Jahre mit dem damals unsäglich langsamen Cadillac Northstar LMP. Der 5.5 Ltr. V8 Motor des Cadillac V-Series.R produzierte nach Meinung vieler Fans den besten Sound aller Hypercars, kein Wunder bei dem Hubraum. Neben dem regelmäßig in der WEC startenden Cadillac #2 kamen noch 2 weitere Fahrzeuge aus der amerikanischen IMSA-Serie über den großen Teich. Der rote Cadillac #311 fiel leider durch einen Unfall bereits in der Startrunde deutlich zurück. Die beiden anderen Fahrzeuge landeten mit einer bzw. zwei Runden Rückstand auf den Plätzen 3 und 4 und waren somit die bestplatzierten LMDh-Fahrzeuge.
Glickenhaus: Der Erfolg vom letzten Jahr, als man als erster amerikanischer Hersteller seit Ford in den 60er Jahren auf dem Podium der Gesamtsieger stand, konnte nicht wiederholt werden. Im Winter hatte man keinerlei Geld für Testfahrten und Weiterentwicklung gehabt, aber man brachte trotz einiger Zwischenfälle beide Wagen auf den Plätzen 6 und 7 ins Ziel. Dies war angesichts der Konkurrenz von 5 großen Herstellern eine beachtliche Leistung für das kleine unterfinanzierte Team, denn damit schlug man sogar Peugeot und Porsche!
Porsche: Was für ein Debakel für die Stuttgarter! Der Porsche 963 war eines der ersten fertiggestellten LMDh-Fahrzeuge und hatte bereits seit Mitte 2022 die meisten Testkilometer aller Teams heruntergespult. Zahlenmäßig war man mit 4 Wagen (3 Werks- und ein Kundenfahrzeug) am stärksten von allen Herstellern in der Hypercar-Klasse vertreten. Aber wenn die Qualität nicht stimmt, dann nützt auch Quantität nichts. Bereits bei den bisherigen WEC-Rennen hatte man sich nicht mit Ruhm bekleckert und auch in Le Mans glänzte man weder durch Rundenrekorde noch durch Zuverlässigkeit. Probleme mit dem Benzindruck, Reifenschäden, Unfälle, Durchfahrtsstrafen, defekte Kühlsysteme und Antriebswellen - die Pech- und Pannenliste der Stuttgarter war lang und betraf alle 4 Fahrzeuge. Der bestplatzierte Porsche #5 erreichte gerade mal Platz 9 im Gesamtklassement, Porsche #6 kam auf Rang 22 ins Ziel und das Kundenfahrzeug #38 des JOTA-Teams wurde nach 2 Unfällen mit riesigem Rückstand als 40. und damit letztes Fahrzeug gewertet. Porsche #75 fiel bereits vor Halbzeit des Rennens aus.
Peugeot: Im Training waren die beiden französischen Renner eher zurückhaltend unterwegs aber im Rennen war die Performance insbesondere im Regen deutlich besser und in der Nacht führte man sogar für kurze Zeit. Letztlich kamen die Franzosen aufgrund von Unfällen und diversen technischen Problemen dann nur auf den Plätzen 8 und 27 ins Ziel.
Vanwall (ByKolles): Die Mannschaft aus Mittelfranken brachte ihr einziges Auto aufgrund eines Motorschadens auch diesmal nicht ins Ziel und pflegte somit leider weiterhin den Ruf als eines der erfolglosesten Teams der letzten Jahre. Bereits bei den letzten 5 Teilnahmen gab es nur Ausfälle zu verzeichnen. Im Vorfeld hatte man mit der Verpflichtung von Ex-F1-Weltmeister Jacques Villeneuve zu Saisonbeginn sowie seinem Rausschmiss kurz vor der Rennwoche in Le Mans zumindest etwas Medienaufmerksamkeit produziert.
Die Liste der Ausfälle war übrigens mit 22 Fahrzeugen im Vergleich zu den letzten Jahren erstaunlich lang. Unfälle waren ein häufiger Ausfallgrund, viele davon passierten während der gelegentlichen heftigen Regenschauer.
Ausblick: Insgesamt muss wohl an der BoP zwischen den LMH und den LMDh Fahrzeugen noch etwas gemacht werden, denn der bisherige Saisonverlauf der WEC zeigt klar, dass die Fahrzeuge, die nach dem amerikanischen LMDh Reglement gebaut sind, kaum Siegchancen in der Hypercar-Klasse haben. Im nächsten Jahr werden Alpine (Renault), BMW und Lamborghini (VW) mit weiteren LMDh-Fahrzeugen dazukommen. Der Druck auf die Veranstalter, mehr Chancengleichheit zwischen LMH- und LMDh-Fahrzeugen herzustellen, dürfte also deutlich steigen.
Auf jeden Fall sollte auch die Safety-Car-Prozedur fürs nächste Jahr überdacht werden. Das neue Verfahren mit 3 Safety-Cars, die gegen Ende jeder SC-Phase das gesamte Feld zu einer Fahrzeugschlange zusammenführen, die dann anschließend auch noch nach Fahrzeugklassen sortiert wird, dauert einfach viel zu lange! Alleine das Sortieren nach Klassen und das Zurückrunden aller Fahrzeuge, die in der Schlange vor dem Führenden der jeweiligen Klasse liegen, kostete jedes Mal gut 20 Minuten. So dauert eine SC-Phase, die früher vielleicht schon nach 10-15 Minuten beendet worden wäre, schnell mal eine halbe Stunde und länger. Und der wohl von der IMSA-Serie übernommene Unsinn, dass man sich während einer SC-Phase zurückrunden darf, sorgt vielleicht für mehr Spannung an der Spitze, die ist aber künstlich erzeugt und der sportliche Effekt ist sehr fragwürdig.
LMP2: Um den Sieg im Oreca-Markenpokal (andere Chassishersteller waren in dieser Klasse nicht am Start) kämpften im letzten Rennviertel das polnische Inter Europol Team und die belgische WRT Mannschaft. Es gewann Inter Europol, eine kleine Überraschung, vor allem weil der Pilot Fabio Scherer den größten Teil des Rennens mit einem gebrochenen Fuß bestritt (eine GTE-Am Corvette war ihm in der Box darübergefahren), zudem brach gegen Rennende der Funkkontakt zum Fahrzeug ab. Am Ende lagen dann gerade einmal 21 Sekunden zwischen den beiden Fahrzeugen.
In der GTE-Am Klasse war das Geschehen gegen Rennende deutlich weniger spannend als in den beiden anderen Klassen. Nach dem Ende der GTE-Pro Klasse waren hier nur noch 2 Werksteams am Start, AF Corse (Ferrari) und Corvette. Beide Teams mussten ihre Autos natürlich mit der vorgeschriebenen Anzahl von mindestens 2 Amateurfahrern bestücken, um in dieser Klasse antreten zu dürfen. Der Sieg ging mit einigem Vorsprung an die Corvette, denn die Veranstalter hatten es bei der BoP Einstufung wohl zu gut mit den Amerikanern gemeint. Selbst eine Reparaturpause, die fast 3 Runden Rückstand bedeutete, konnte von der Corvette wieder aufgeholt werden. Bei einer halbwegs stimmigen BoP sollte so etwas eigentlich nicht möglich sein. Dies war aber auch der letzte Auftritt der GTE-Fahrzeuge in Le Mans. Im nächsten Jahr werden GT3-Fahrzeuge am Start sein, was auf noch größere Markenvielfalt hoffen lässt.
Was bleibt an sonstigen Erinnerungen vom 100. Geburtstag des Renens? Es war supervoll! Das Rennen war erstmals seit unserem ersten Besuch bereits Monate vorher ausverkauft. Das Gedränge auf den Stehplätzen war teilweise unglaublich und leider in den zahlreichen Fußgängertunneln auch sehr gefährlich. Unser Team war übrigens mit 25 Teilnehmern so groß wie nie zuvor und es war schön, auch unsere Freunde aus Everswinkel nach langen Jahren der Abwesenheit wieder dabei zu haben.
Am Freitag vor dem Rennen und auch am Samstag gab es 2 wirklich beeindruckende Feuerwerke und drohnengesteuerte Lichtshows, einfach gigantisch! Unser Stammzeltplatz "Bleu Nord" stand leider nicht mehr zur Verfügung. Die Alternative "Hippodrome" im Innenbereich der Strecke war zwar nicht schlecht, bedeutete aber deutlich mehr Lauferei zu Start/Ziel und anderen Streckenabschnitten.
Im nächsten Jahr kommt mit Alpine ein weiteres französisches Team in der Top-Kategorie hinzu, das kann erneut ein ausverkauftes Haus bedeuten.
Team LeMansZone 2023
- Diddy Born
- Bernd Brünemann
- Norbert Clawien
- Georg Dannewald
- Sebastian Fechner
- Stefan Fischbach
- Hendrik Gerber
- Ihno Goldenstein
- Gerd Grau
- Joachim Hoffmann
- Thomas Höving
- Werner Kirchmann
- Michael Kirsch
- Marc Lippe
- Laurenz Lippe
- Andy Lipsius
- Andreas Lörzer
- Thomas Queisser
- Sebastian Raiss
- Dieter Runde
- Rolf Sommer
- Jakob Schröder
- Dieter Weiß
- Marcel Wiedemuth
Zeltplatz: Hippodrome
Rennergebnis
- 1. PlatzAlessandro Pier Guidi, James Calado, Antonio Giovanazzi, Ferrari 499P, Ferrari AF Corse
- 2. PlatzSébastien Buemi, Brendon Hartley, Ryo Hirakawa, Toyota GR010 Hybrid, Toyota Gazoo Racing
- 3. PlatzEarl Bamber, Alex Lynn, Richard Westbrook, Cadillac V-Series.R, Cadillac Racing
Vollständige Ergebnisse der 24 Std. von Le Mans 2023 auf der Wikipedia-Website